Freitag, 29. Januar 2016

Von Puerto Natales nach Puerto Montt: Viehtransport oder Kreuzfahrt?

 

„Pünktlich um 20.45 Uhr, bitte!“ Die Bedienstete der NAVIMAG- Schiffsgesellschaft kennt kein Pardon. Die MS Eden, unser Transportmittel für rund 1500km nordwärts, kann allerdings wegen des Sturms nicht am Fährpier anlegen. 

„Sie müssen das Fahrzeug am Hafen abgeben und um 8.45 wieder hier sein!“ Dies bedeutet für mich, unseren Schlafwagen zum Fähr-Terminal zu bringen und dann 20 Minuten Sturmwanderung zurück zum Büro im Busterminal von Puerto Natales. Na super.

Dort tut sich gar nichts. Die rund 100 Passagiere warten geduldig. Gegen 11 Uhr nachts dann die Info: „Die Fähre kann wegen Sturms nicht anlegen, neuer Treffpunkt morgen zu Mittag am Fährpier!“ Nach heftigen Diskussionen um Obsorgepflichten der Schiffsgesellschaft sind die anderen auf Herbergssuche, ich wandere durch Nieselregen zum Auto holen. Begeisterung.

  

Mit 24 Stunden Verspätung kann es dann frühmorgens losgehen. Mit von der Partie sind mehrere Viehtransporter mit Kälbern, Kühen und Pferden. Olfaktorischer Genuss am Achterdeck ist garantiert. Immerhin haben wir durch freches Fragen ein „Maximal-Upgrading“ geschafft. Bezahlt haben wir den Minimal-Werbetarif in der Mehrbettkabine innen. Logieren dürfen wir für die nächsten drei Nächte in der „Luxusdoppelkabine außen mit Dusche/WC“. Es ist zwar immer noch wenig luxuriös, aber so ist die - sagen wir mal - Fährpassage den Fahrpreis doch wert...
 
Mit dem Wetter haben wir …? Pech oder Glück? Eine dicke Wolkenschicht verhindert den Blick auf die schneebedeckten Gipfel und Gletscher, aber wenig Wind und kein Regen ermöglicht die Beobachtung von Walen, Delphinen und vielen Seevögeln. Besonders die großen Albatrosse sind beeindruckend. 



Ein stets freundlicher Bordwissenschafter informeirt über den Ablauf der Reise, es gibt auch landeskundliche Vorträge – Kreuzfahrt? Dazwischen Selbstbedienungskantinenessen mit Kuhstallduft – doch Viehtransporter?


Das Schiff fährt durch eine tolle Fjordlandschaft, die wolkenbedingt leider höhenbegrenzt ist... An zwei Stellen muss der 110m lange Dampfer (in den 80-er Jahren eine Fähre zwischen Marseille und Korsika gewesen...) durch weniger als 100m breite Engpässe durch. Recht spannend und ganz toll anzusehen. Das Wendemanöver der "Grande Brasil" im Hafen von Vottoria war aber weitaus beeindruckender.


 Ganz interessant: Es gibt regen Viehaustausch zwischen Süd und Nord: Je nach Jahreszeit werden Unmengen von Rindern zwischen befreundeten Estancias verschickt, um heiße/kalte/nasse/futterarme Zeiten beim Anderen zu überdauern...



Unsere Kabine liegt direkt neben dem Ausgang aufs Vordeck. Der Türstopper im Hauptgang, neben unserr Luxuskabine ist leider defekt, der Wind tut ein übriges, um jeden Besucher am Vorschiff lautstark in unserer Kabine anzukündigen - denn die Tür knallt hinter jedem anständig zu...  Wir brauchen eigentlich gar nicht raus: Gaby hat vom Kabinenfenster mit stetem Blick nach vorne alles unter Kontrolle - wie im rechten Foto zu sehen (aber leider auch keine Ohropax eingepackt...)


Begleitet von Albatrossen und bei spiegelglatter See laufen wir in der Großstadt Puerto Montt ein. Da wir bis zum vereinbarten Treffpunkt mit unseren Freund Erich noch ein paar Tage Zeit haben, steuern wir die Insel Chiloé an. Einige haben uns das Eiland ans Herz gelegt, andere gemeint, „ das kann man getrost vergessen...“ Mal sehen.


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