Montag, 27. Juni 2016

Wirtschaftsstudie – Reifenkauf in Peru

Wir brauchen also vier neue Reifen, unsere restlichen drei Toyo Open Country sind nach über 40.000km (mehr als die Hälfte auf unbefestigten Straßen) ziemlich am Ende. Eigentlich wollten wir zurück nach Iquique/Chile, weil in diesem Zollfreigebiet gibt es die billigsten Pneus in Südamerika. Aber lohnen 150 Euro Ersparnis über 1000km Weg? Nein – und außerdem wollen wir die Beine unseres Autos rasch wieder ident bestücken...
Erste Versuche waren erfolglos, in der Großstadt Huancayo versuchen wir unser Glück erneut. Wir klappern diverse Händler ab und vergleichen, aber wir finden nichts Aufregendes für uns...
Ja, es gibt unsere Dimension (265/75 R16), aber das was ich möchte, nämlich die verstärkten All Terrain Reifen von Hankook gibt es nicht auf Lager. Die etwas grobstolligeren MT wären lagernd beim Hankook-Vertreter. Übermorgen könnte er die AT aber aus Lima herbeigebracht haben... "Vielleicht", denken wir uns.
Wir suchen also weiter, Gaby meint „versuchen wir es mal bei Toyota!“ - ich bin skeptisch, werde aber rasch eines Besseren belehrt: in der pieksauberen Werkstatt werden wir bestens betreut und erhalten ein unschlagbares Angebot: Der legendäre, sehr harte BF Goodrich All Terrain wird uns um 650 Soles angeboten. Mit rund 175 Euro ist das nur unwesentlich mehr als man In Mitteleuropa für solch einen Reifen hinlegt! Ich bin skeptisch und frage nach genauer Type und Produktionsjahr. „2014!“ erfahren wir nach Rückruf beim Händler.
Von wegen Reifen kosten hier das Doppelte!!
Wir bestellen also nicht die Hankook AT um 540 Soles sondern sind am nächsten Morgen wieder bei Toyota. Auf die Hebebühne, Reifen runter, nebenbei wird ein Lamperl gewechselt und eine der Batterien mit Gummistücken festgekeilt. Dann kommen die Reifen per Taxi – und die Ernüchterung: der Produktionsjahresvermerk ist aus dem Reifen herausgeschnitten worden... nein danke, die wollen wir nicht.
Wir bestellen daher die Hankook, morgen Mittags sollen sie aus Lima da sein. 540 Soles soll einer kosten - na, billiger wird’s also auch noch!
Wir erkunden die wenig attraktive Stadt und besuchen am Vormittag Torres Torres, ein paar skurrile Felskegel, die an die Hoodoos im Südwesten der USA erinnern. Peruanischer Gepflogenheit entsprechend erscheinen wir erst weit nach Mittag – um zu erfahren, dass der LKW angeblich irgendwo am Weg steckt, die Reifen kämen frühestens in der Nacht. Des Verkäufers Gesichtsausdruck lässt daran Zweifel aufkommen und wir beschließen, in der nächsten größeren Stadt, in Ayacucho, unser Glück zu versuchen.
Ayacucho war einst, in den 1980-er Jahren, das Zentrum der Guerillaorganisation „Leuchtender Pfad“. Die Entwicklung des Landstrichs ist durch diesen Kleinkrieg, der tausende Menschen das Leben gekostet hat, nachhaltig behindert worden. Erst 1999 erreichte eine Asphaltstraße die ansehnliche Provinzhauptstadt. Vielleicht ist dies aber mit ein Grund, weshalb Ayacucho sich viel Charme erhalten hat? Das ruhige Leben der Stadt hilft unsere Reifensuche entspannt fortzusetzen.
Tatsächlich finden wir, was wir suchen, unser Schlafwagen wird aufgebockt, runter mit den alten Schlapfen – aber leider war der Reifenhändler etwas zu optimistisch: er hat uns zwar für vier Reifen einen Diskont gewährt – er findet in der Stadt aber nur 2 Stück … Andere Optionen wie chinesische fabrikate, einheimische Good Years und dünnwandige Dunlop wollen wir nicht, wir werden also unsere Suche in Cusco fortsetzen.
Wir besuchen noch wenig erhaltene Ausgrabungen der Wari-Kultur im nahegelegen Ort Quinua – und finden dort wiederum einen Obelisk. Er erinnert an den entscheidenden Sieg der Spanier gegen die Inka, der in diesem hügeligen Gelände gelang.
In Cusco endlich angelangt, führt uns der erste Weg – zur Reifenhändlermeile. Das kennen wir schon: Der Hankook-Vertreter hat „unsere“ MT lagernd, die AT müsste er bestellen. Im Shop vis-a-vis machen wir eine Entdeckung: Hier gibt es Cooper ATR, mit denen habe ich schon bei Wüstentouren ganz gute Erfahrungen gemacht. Wieder verhandeln wir, als Endpreis einigen wir uns auf durchaus akzeptable 2000 Soles für eine Vierergarnitur. Es ist schon dunkel, wir fahren auf den "Allzweckgehsteig" und flugs sind die Hinterräder auch schon von den Felgen. Leider, leider, auch hier kann der gute Mann nicht mehr als 2 Reifen in der ganzen Stadt finden... (natürlich habe ich fünf Mal gefragt, ob er eh VIER gleiche Reifen habe...) Man will uns daher zwei paar unterschiedliche Reifen aufschwatzen, aber da behalten wir lieber noch die alten Schuhe an.
Tja, und dann fahren wir zurück zum Hankook-Händler, starten erneut mit Verhandlungen und erhalten die ziemlich „offroadig“ anmutenden Hankook MT statt um 680 für 590 Soles pro Stück (also etwa 170€, bei uns etwa um 130€ erhältlich...).
Wenig später kann Gaby ein paar Touristen belauschen, die unsere neuen Reifen richtig abenteuerlich finden – wir haben also schlussendlich ganz richtig entschieden :-)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen