Samstag, 23. Juli 2016

Abschied mit Trauer und Vorfreude - von Peru nach Bolivien


Endlich werden unsere neuen Reifen mehr gefordert. Nach dem Abschied von unseren Reisefreunden Uwe und Silke – die zum gleichen Ziel Pantanal in Brasilien eine andere Route, nämlich direkt von Peru über Puerto Maldonado nach Brasilien wählen – nehmen wir recht flott die gute Asphaltstraße zum Titicacasee unter die Pneus. Und der erste Geschwindigkeitstest mit den recht harten Offroad-Reifen verläuft erfolgreich: Sie sind nicht besonders laut, gehorchen bei Lenkmanövern brav und der Spritverbrauch steigt nicht signifikant. Jetzt müssen sie nur noch plattfußfrei durch ihr Leben laufen...
Die Idee, die nach Fotos wunderbar schönen „Rainbow Mountains“ - einen Bergrücken in bunten Farben von grün über ocker zu gelb – in weit über 5000m Höhe zu erklimmen wird von zwei Faktoren verhindert: wir sind beide der dünnen Luft und der nächtlichen Kälte überdrüssig. Letztendlich ausschlaggebend ist aber ein Schlechtwettereinbruch, der in dieser Höhe Schnee und Sturm bedeutet.
So geht es auf direktem Weg nach Puno. Diese gesichtslose Stadt am Westufer des Titicacasees hat einen schlechten Ruf zu verteidigen, was die Sicherheit betrifft, wir haben aber auch hier keine Probleme. Der Hauptplatz ist aufgeräumt und wird von vielen "Hutfrauen" frequentiert. Insgesamt sehen wir hier, ganz im Süden des Landes, die meisten Frauen in Tracht - Männer sind schon alle in westlicher Kleidung unterwegs.

Unser Schlafwagen findet Platz im gefliesten Flur unserer Unterkunft und wir machen uns auf zur großen „Sehenswürdigkeit“ der Region: die von Indigenen bewohnten „schwimmenden Inseln“ am Titicacasee. Es ist der 28. Juni und mit einer kleinen Prozession übt man sich bereits für die größeren Festivitäten zu Peter & Paul. Da Petrus ja der Schutzpatron der Fischer und Schiffer ist, ziehen wir parallel mit den Gläubigen und der Heiligenstatue zum kleinen Hafen. Und hier wird der Unterschied deutlich: Die Heiligenfigur wird sofort und gratis auf einem geschmückten Schiffchen über den See befördert. Wir zahlen 20 Soles und warten auf einem Seelenverkäufer eine halbe Stunde, bis wir durch die Schilfkanäle zu den am See verankerten Behausungen gebracht werden. 
  Trotz der Warnungen anderer Reisender – Ernüchterung! Wir befinden uns in der schwimmenden Geldmaschine der Uros - so der Name dieses traditionsreichen Volkes - und die Ursprünglichkeit ist etwa so groß wie bei Tiroler Schuhplattlervorführungen.
  Nach einem durchaus netten Empfang von einem „Inselchef“, der sogar in Englisch über die Lebensumstände in diesem für uns reichlich ungewohnten Umfeld berichtet.Die Inseln sind in bis zu acht Meter Tiefe verankert und müssen permant mit neuen Schilfschichten belegt werden - denn die Unterseite verrottet rasch.  Ungewohnt ist der elastische Untergrund beim Gehen  zur Besichtigung des Lebensraumes seines Clans.
  Nach der streng vorgegebenen Zeitspanne von 30 Minuten schippern wir zu einer Bar-Restaurant-Insel. Da wir aber weder Fisch noch Cola wollen, beschränkt sich unsere Aktivität hier auf die Beobachtung des Unwetters, das über uns herzieht. Schneeregen und ein kurzer Sturm machen die Existenz in diesem exponierten Lebensraum sicher nicht einfacher. Immerhin wurden die Uros auf ihren Inseln nie von den Inka erobert...
 
Unser Herz konnte Puno auch nicht erobern, bei kalter Witterung ziehen wir südwärts, besuchen zum Peru-Ausklang noch ein paar Inkaruinen und uralte Chullpas – Grabtürme - , die wesentlich älter als die Inkastätten sind. Ein letztes Mal geraten wir bei dieser steilen Bergwanderung auf über 4000m außer Atem.
Jetzt fahren wir entlang des wenig aufregenden Seeufers und lassen die Wochen in Peru Revue passieren. Die vielfältigen Landschaften, die spannenden Straßen, das freundliche Wesen der Menschen, die vielen historischen Highlights... kurzum, wir haben Land und Leute genossen und sind traurig, dieses Kapitel abzuschließen. Andererseits hat uns die erste Begegnung mit Bolivien vor ein paar Monaten ja sehr gefallen und wir sind schon neugierig, was es nun hier zu entdecken gibt...
   
Irgendwie habe ich ein ungutes Gefühl im Bauch als wir uns der Grenze zu Bolivien nähern. Zu viel haben wir von Problemen bei Grenzübertritten gehört und gelesen. Die Ausreise aus Peru wird ebenso rasch wie professionell erledigt, in Bolivien wird es spannend. Den Stempel im Reisepass haben wir rasch, aber der dick bebrillte ältere Zöllner hinter seinem antiken Schreibtisch runzelt die Stirn. „Das ist euer Auto?“ „Ja!“ „Dann haben wir ein Problem!“ „Warum?“ „Weil das Arbeit für mich bedeutet!“ - Das Herz rutscht in die Hose, als die Stockzähne des Zöllners beim dicken Grinser zum Vorschein kommen, sind wir rasch beruhigt.
Eigentlich müssten wir die Zolldokumente selbst im Internet ausfüllen – freundlicherweise findet der nun arbeitssame Herr aber unsere Angaben tief im bolivianischen Datendschungel. Zu seiner eigenen Überraschung hat der Zöllner vor ein paar Monaten offenbar alles richtig gemacht...
Rechtzeitig für einen sehenswerten Sonnenuntergang über dem Titicacasee sind wir unterwegs nach Copacabana, einem gemütlichen Touristenort am Südufer des Sees.
   

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